Das Usenet:

Die Grundzüge des Usenets sind in Wikipedia recht gut beschrieben. Was dort nicht steht, ist, daß zur Frühzeit des Usenets - anders als heute - nur relativ wenigen Leuten eine Teilnahme möglich war. In den Anfängen verschaffte man sich Zugang über kolportierte Uni-Accounts, um wenigstens mitlesen zu können, und oft bastelte man sich dafür erst mal einen Akustikkoppler. Erst als es Computer mit 'eingebautem Internet' zu kaufen gab, war dann auch Leuten, deren cerebrale Fähigkeiten gerade so das Hochfahren eines vorkonfigurierten Windows-PCs ermöglichten, über kurz oder lang ein Zugang zum Usenet möglich (Ganz gewiefte konnten sogar einen Linux-PC hochfahren, nachdem sie sich über Webforen die nötigen Fertigkeiten angeeignet hatten).

Die 'qualifiziertesten' Teilnehmer kamen erstaunlicherweise über einen bekannten Anbieter, der im Januar 2010 gerade in Deutschland seine Pforten schließt. Daß sich gerade von diesem Anbieter vorzugsweise viele 'intellektuell Herausgeforderte' angesprochen fühlten, mag an der zielgruppengerechten Werbung gelegen haben ('Ähh... Bin ich schon drin?') und an dem Umstand, daß es damals völlig unmöglich war, sich vor deren massenhaft verteilten CDs zu schützen. Die einzige 'Fertigkeit', die vorausgesetzt wurde, war, die Dinger richtig rum ins Laufwerk zu bekommen; kurz drauf war dann auch der Unbedarfteste 'drin'! Im englischsprachigen Bereich bildete sich Anfang der Neunziger die usenetbekannte 'me too'- Fraktion. Leider fand ich eine Beschreibung dieses Phänomens nur in Englisch. Ganz schlimm wurde es aber dann, nachdem Verbindungen zwischen www und Usenet geschaffen worden waren, die auch dem primitivsten Bilderklicker einen Zugang ermöglichten.

Die schlichteren Daseinsformen unter den neuen Teilnehmern sahen sogleich die hochwillkommene Möglichkeit, auch einmal 'wichtig' zu sein, indem sie mit geringem Aufwand einigermaßen anonym in eine sachliche Diskussion hineinplatzen konnten und dort - wenn sie schon inhaltlich überfordert waren - zumindest für Unruhe sorgten und störten. Andere finden heute noch ihre Erfüllung darin, ihren Mitmenschen pausenlos zu erklären, daß sie das gerade Geschriebene doch besser woanders oder garnicht geschrieben hätten, oder freuen sich ein Loch in den Bauch, wenn sie Neulinge unbemerkt in völlig andere Gruppen weiterleiten. Wieder andere, die die ihnen zweifelhaft zu eigene Eloquenz lieber unter vermeintlich weniger gebildeten Menschen als unter ihresgleichen unter Beweis stellen wollen, widersprechen zwar einer Archivierung, vergessen aber, daß man ihre Elaborate durch entsprechende Suchmuster durchaus bei den Leuten finden kann, die ihre Überheblichkeiten zitiert hatten.

Nachdem das Usenet über kurz oder lang durch so viele 'wichtige' Leute bevölkert war, wurde es natürlich immer schwerer, sich - wie auch immer - aus der Masse hervorzuheben. Man gab sich ein unverfängliches Pseudonym und scheute sich nicht mehr, anzügliche bis durchaus strafrechtlich relevante Texte zu verfassen. Dumm natürlich, wenn man dann an anderer Stelle seine wahre Identität selber verrät.

An verschiedenen lustigen 'virtuellen Chats' unter Verwendung einer Sammlung solcher markigen Sprüche können Sie hier teilnehmen.

Manche Teilnehmer trieben das Versteckspiel zur Perfektion durch Gründung einer angeblichen 'Wohngemeinschaft', indem sie als multiple virtuelle Existenzen den Großteil mancher 'Diskussionen' ganz allein bestritten. Eine teilweise Zusammenfassung solcher amüsanter Begebenheiten finden Sie auf diesem Weg.

Wenn Sie am Usenet teilnehmen möchten, verschaffen Sie sich am Besten erst mal einen Überblick. Es gibt gute Richtlinien, wie man sich verhalten sollte, wenn man konstruktiv am Usenet teilnehmen möchte. Falls Sie im Usenet eher als Störer auftreten möchten, verwenden Sie am besten Google; Beiträge von dort werden von den meisten ernstzunehmenden Teilnehmern erst garnicht gelesen. Ansonsten wäre ein Newsreader ratsam, um sinnvoll arbeiten zu können.

Eine spannende Collage von Postings
aus dem Usenet finden Sie hier